Sitzung: 26.02.2020 Stadtentwicklungs- und Wirtschaftsausschuss
Beschluss: ungeändert beschlossen
Abstimmung: Ja: 8, Nein: /, Enthaltungen: /
Vorlage: VII/0125/20
Die
XXL Ladenbau GmbH beantragt mit geänderten Antragsunterlagen einen Vorbescheid
für die Nutzungsänderung eines bestehenden Gebäudes zu einem Wohngebäude.
Gegenüber der Beschlussvorlage 095/19 vom 08.01.2020 wurde der Baukörper um ca.
1/3 verkleinert.
Das betreffende Gebäude liegt im Geltungsbereich
des rechtskräftigen Bebauungsplanes Nr. 12 „ Mischgebiet – Vor der Aue“. Hierin
ist für die Grundfläche des Gebäudes größtenteils ein Mischgebiet festgesetzt,
die westlichen und nördlichen Gebäudeteile befinden sich derzeit noch in
festgesetzten Grünflächen. Das Gebäude besteht aus 3 gleich großen und mit
Brandschutzmauern abgetrennten Segmenten. Das nördliche Drittel des Gebäudes
soll gemäß der geänderten Antragsunterlagen abgebrochen werden. Dadurch befinden
sich nur noch ca. 30% des verbleibenden Bestandsgebäudes außerhalb der
festgesetzten Baugrenze.
Für eine Baugnehmigung wäre eine Befreiung von den Festsetzungen des
Bebauungsplanes zu erteilen, da keine entsprechenden Ausnahmen im Bebauungsplan
geregelt sind.
Gemäß
der Hauptsatzung der Stadt Aschersleben ist für eine Befreiung von den
Festsetzungen des Bebauungsplanes der Beschluss des Stadtentwicklungs- und
Wirtschaftsausschusses notwendig. Die endgültige Entscheidung liegt beim
Salzlandkreis als Baugenehmigungsbehörde.
Eine solche Befreiung kann gemäß §31 Abs. 2 BauGB erteilt werden, wenn
die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und die Abweichung städtebaulich
vertretbar ist. Grundzüge der Planung finden regelmäßig Ausdruck in
Festsetzungen von Baufenstern und sowohl der Art als auch des Maßes der
baulichen Nutzung. Zur Beurteilung, ob eine Festsetzung einen Grundzug einer
Planung darstellt, ist allerdings auch die Begründung des Bebauungsplanes
heranzuziehen. Unter Würdigung der Begründung - hier vor Allem der Ziele der
Planung - kann u.U. einer Befreiung zugestimmt werden.
Unter Punkt 4.1 ist auf Seite 13 der Begründung sind als Planziele die
"…weitere Nutzungsmöglichkeit der vorhandenen Bausubstanz…" sowie die
"…möglichst effektive Ausnutzung der bereits versiegelten und minimale
Inanspruchnahme bisher unversiegelter Flächen…" angeführt. Auch unter
Punkt 5.1 Planinhalt wird in Absatz 7 auf Seite 14 die sinnvolle Weiternutzung
der Gebäude angeführt.
Die Nutzungsänderung eines bestehenden Gebäudes berührt ohne
Erweiterung der baulichen Anlagen daher nicht die Grundzüge der Planung. Die
Festsetzungen der Baufenster beziehen sich auf Neubauten oder bauliche
Erweiterungen an der Grundfläche eines Gebäudes, da sie auf die Fortführung
einer bestehenden Nutzung keinen Einfluss haben können. Ein Teilabbruch der
außerhalb von Baugrenzen gelegenen Gebäudeteilen ist im Sinne der Planung. Die
Festsetzungen für Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen können ebenso
erst dann Wirkung entfalten, wenn entsprechende Maßnahmen notwendig werden. Bei
Bedarf könnten anderweitige Flächen zum Ausgleich/Ersatz verwendet werden. Die
Grünfläche entlang der Eine soll grundsätzlich von Bebauung freigehalten
werden, was durch den Teilabbruch erreicht wird.
Somit werden die Grundzüge der Planung nicht berührt und es gibt erste
Ansätze dafür, die Umnutzung als städtebaulich vertretbar einzustufen
(Weiternutzung Bestand, keine neue Versiegelung, Wohnnutzung im Mischgebiet
allgemein zulässig).
Eine Umnutzung zu Wohnzwecken ist auch unter anderen Gesichtspunkten
städtebaulich vertretbar. Der Gesetzgeber hat für unbeplante im Zusammenhang
bebaute Ortsteile Abweichungskriterien festgelegt, die es ermöglichen, von der
Eigenart der näheren Umgebung abzuweichen. Hierdurch sollen übergeordnete
städtebauliche Interessen auch ohne Bauleitplanung gesichert werden. Einen
solchen gesetzgeberisch gewollten Ansatz muss man daher auch bei der Abweichung
von Festsetzungen eines Bebauungsplanes berücksichtigen.
Gemäß §34 Abs. 3a Nr. 1 Buchstabe c ist die Nutzungsänderung eines
zulässigerweise errichteten Gebäudes zu Wohnzwecken ein Vorhaben, das u.U. vom
Einfügungsgebot abweichen kann. Der Gesetzgeber möchte hier eindeutig die
Weiternutzung von Bausubstanz für die Wohnnutzung ermöglichen auch wenn dies
mit einer Nutzungsänderung verbunden sein sollte.
Beschlussvorschlag:
Der Stadtentwicklungs- und
Wirtschaftsausschuss beschließt:
1. In seiner Sitzung am 26.02.2020 die Aufhebung des Beschlusses 81/20 vom 08.01.2020 (basierend auf Beschlussvorlage VII/0095/19).
2. Die Befreiung von der Festsetzung der Baugrenze des Bebauungsplanes Nr. 12 „Mischgebiet – Vor der Aue“ für den nordwestlichen Teil des Grundstückes wird genehmigt. Das verbleibende Gebäude darf sowohl die festgesetzte Baugrenze übertreten als auch auf den festgesetzten Ausgleichs- und Ersatzflächen liegen.
3. Für die geänderte Bauvoranfrage der Firma XXL Ladenbau GmbH wird das gemeindliche Einvernehmen gemäß §36 Abs. 1 BauGB unter der Maßgabe erteilt, dass keine Erweiterungen des Gebäudes nach Westen und Norden stattfinden und keine weiteren Flächen außerhalb der festgesetzten Baugrenze in Anspruch genommen werden.
Beschluss:
Der
Stadtentwicklungs- und Wirtschaftsausschuss beschließt:
1.
In
seiner Sitzung am 26.02.2020 die Aufhebung des Beschlusses 81/20 vom 08.01.2020
(basierend auf Beschlussvorlage VII/0095/19).
2.
Die
Befreiung von der Festsetzung der Baugrenze des Bebauungsplanes Nr. 12 „Mischgebiet
– Vor der Aue“ für den nordwestlichen Teil des Grundstückes wird genehmigt. Das
verbleibende Gebäude darf sowohl die festgesetzte Baugrenze übertreten als auch
auf den festgesetzten Ausgleichs- und Ersatzflächen liegen.
3.
Für die
geänderte Bauvoranfrage der Firma XXL Ladenbau GmbH wird das gemeindliche
Einvernehmen gemäß §36 Abs. 1 BauGB unter der Maßgabe erteilt, dass keine
Erweiterungen des Gebäudes nach Westen und Norden stattfinden und keine
weiteren Flächen außerhalb der festgesetzten Baugrenze in Anspruch genommen
werden.
Beschluss-Nr.:
95/20
8 Ja 0 Nein 0 Enthaltungen