Sitzung: 27.06.2023 Ausschuss für Ordnung, Recht und Kommunales
Vorlage: A/0085/2023
Der Stadtrat möge beschließen,
1. § 7 der Hundesteuersatzung der
Stadt Aschersleben wird wie aufgeführt geändert und
2. die hierdurch entstehenden
Einnahmeverluste in Höhe von ca. 2.000 € werden bei der Haushaltsplanung ab dem
Haushaltsjahr 2024 berücksichtigt.
„§ 7
(1)
Steuerbefreiung wird auf Antrag gewährt für:
1. Hunde,
die in Anstalten von Tierschutz- oder ähnlichen Vereinen vorübergehend
untergebracht sind;
2. Hunde,
die ausschließlich dem Schutz und der Hilfe blinder, tauber oder sonst
hilfsbedürftiger Personen dienen, sofern bei diesen Personen die Merkmale „B“,
„BL“, „aG“ oder „H“ anerkannt wurden;
3. Hunde, die
als Such-, Sanitäts- oder Rettungshunde von anerkannten Sanitäts- oder
Zivilschutzeinheiten (z. B. Johanniter-Unfall-Hilfe, Deutsches Roten Kreuz,
Arbeiter-Samariter-Bund, Malteser Hilfsdienst) verwendet werden und die dafür
vorgesehene Prüfung erfolgreich abgelegt haben; die Prüfungsbescheinigung des
Hundes sowie die Bescheinigung der jeweiligen Hilfsorganisation über die
Verwendung als Such-, Sanitäts- oder Rettungshund sind vorzulegen;
4. Hunde,
die als Jagdgebrauchshunde von Jagdausübungsberechtigten verwendet werden,
sofern diese
a) Inhaber
des Jagdscheines sind,
b) ein
Pachtverhältnis in Form eines behördlichen Vermerkes im Jagdschein oder einen
Jagderlaubnisschein vorweisen können und
c) der Hund
eine Jagdeignungsprüfung erfolgreich abgelegt hat; der Jagdschein sowie die
einmalige Bestätigung über die Jagdausübungsberechtigung des Hundehalters sowie
die Prüfungsbescheinigung des Hundes sind vorzulegen;
5. Hunde,
die als Herdenschutzhunde verwendet werden; eine entsprechende Zertifizierung
des Hundes ist vorzulegen; als Zertifizierung wird die Zucht- und
Ausbildungsprüfung der Arbeitsgemeinschaft Herdenschutzhunde e. V. Brandenburg
oder eine vergleichbare Prüfung anerkannt; ab einer Herdengröße von min. 100
Nutztieren werden zwei Herdenschutzhunde von der Steuer befreit; bei einer
Herdengröße ab 200 Nutztieren wird für jeweils weitere 100 Nutztiere ein
zusätzlicher Hund von der Steuer befreit;
6. Hunde,
die als Therapiebegleithunde verwendet werden und die dafür vorgesehene Prüfung
erfolgreich abgelegt haben; die Prüfungsbescheinigung des Hundes sowie die
Bescheinigung über den Einsatz als Therapiebegleithund sind vorzulegen;
7. Hunde,
die als Besuchshunde verwendet werden und die dafür vorgesehene Prüfung
erfolgreich abgelegt haben; die Prüfungsbescheinigung ist des Hundes sowie die
Bescheinigung über den Einsatz als Besuchshund sind vorzulegen.
(2) Der
Antrag auf Steuerbefreiung ist innerhalb von zwei Wochen nach Aufnahme des
Hundes, bei bereits versteuerten Hunden mindestens zwei Wochen vor Beginn des
Monats, in dem die Steuerbefreiung wirksam werden soll, schriftlich bei der
Stadt Aschersleben zu stellen. Bei verspätetem Antrag wird die Steuer für den nach
Eingang des Antrages beginnenden Kalendermonat, auch dann nach den Steuersätzen
des § 5 erhoben, wenn die Voraussetzungen für die beantragte Steuerbefreiung
vorliegen.
Begründung:
Bereits vor
Jahrhunderten wurde die Idee einer hundesteuerähnlichen Abgabe geboren. Adelige
erhoben von ihren Lehnsleuten, wenn diese nicht direkt Hunde für herrschaftliche
Jagden bereitstellten, eine Abgabe, das sog. Hundekorn oder Hundebrot, mit dem
sie ihre Jagdhunde über das Jahr ernährten. Im 19. Jahrhundert griffen deutsche
Einzelstaaten solche Ideen in Form der Hundesteuer vielfach wieder auf. Sie
sollte damals aus seuchenhygienischen Gründen die Zahl gehaltener Hunde und
damit von ihnen ausgehende gesundheitliche Gefahren wie die Tollwutausbreitung
reduzieren. Angenehmer (Neben-)Effekt – mit den Einnahmen konnte man schon
damals andere Finanzlöcher stopfen. Bereits in dieser Zeit lag das Recht der
Hundesteuer-Erhebung in aller Regel bei den Kommunen und damals war es durchaus
üblich, bestimmte Gruppen wie Jäger, Nachtwächter oder Schäfer von ihrer
Erhebung zu befreien. Finanzrechtlich handelt es sich bei der Hundesteuer heute
um eine Aufwandsteuer. Besteuert wird danach der über die Befriedigung des
Lebensbedarfs hinausgehende Aufwand, den man mit der Haltung eines Hundes hat.
Grundlage zur Erhebung ist eine vom Städte- und Gemeindebund herausgegebene
Hundesteuermustersatzung. Auf ihrer Grundlage fußt auch die Hundesteuersatzung
der Stadt Aschersleben. Gleichwohl können über die Mustersatzung hinausgehende
Befreiungen oder die Reduzierung der Hundesteuer für bestimmte Hunde oder
Personengruppen durch die Kommunen erlassen werden. Seit mehreren Jahren,
zuletzt 2021, fordert der Bund der Steuerzahler Deutschlands die Abschaffung
der Hundesteuer und verurteilte sie als nicht mehr zeitgemäße Bagatellsteuer.
Dennoch gibt es auch gute Argumente für die Beibehaltung der Hundesteuer. So
deckt sie einen Teil der durch die Hundehaltung verursachten Kosten der
Straßenreinigung (Kotproblematik in der Stadt Aschersleben), trägt zur
Unterhaltung der Hundefreilaufwiesen bei, begrenzt die Zahl der angeschafften
Hunde und dient in Teilen zur Deckung der Kosten des örtlichen Tierheims.
Dennoch muss auch bei der Erhebung der Steuer der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
gewahrt bleiben. Diesen sehe ich bei der der aktuellen Fassung als nicht
gegeben. Hunde dienen nicht nur der Freizeitgestaltung, als Hobby oder
Luxusgut. Hunde sind auch Nutztiere. Insbesondere aus Sicht der Jäger gibt es
zahlreiche gute Gründe, eine Befreiung von der Hundesteuer für
Jagdgebrauchshunde vorzusehen. So verpflichtet § 1 Bundesjagdgesetz die Jäger
zur Hege des Wildes und damit u. a. zum Erhalt eines den landschaftlichen und
landeskulturellen Verhältnissen angepassten artenreichen und gesunden
Wildbestandes. Ferner sind diese verpflichtet, die Jagd nach den Grundsätzen
der Waidgerechtigkeit also vor allem auch tierschutzgerecht auszuüben. Dazu
gehört zwingend der Einsatz brauchbarer Jagdhunde, welche in § 2 Abs.3
Landesjagdgesetz LSA vorgeschrieben werden. Den Jägern kommt damit also eine
dem Gemeinwohl dienende Aufgabe zu, auch wenn sie dies in der Regel
ehrenamtlich, freiwillig und in der Freizeit tun. Bis vor einiger Zeit stand im
Fokus der intensiven Bejagung des Schwarzwildes besonders die Minimierung von
Wildschäden im Interesse der Allgemeinheit. In Zeiten der ASP kommt eine
weitere wichtige Bedeutung der Bejagung hinzu. Die notwendige Intensivierung
der Bejagung dient dabei ebenfalls dem Interesse der Kommunen. Auch hieraus
ergibt sich eine Notwendigkeit brauchbarer Jagdhunde. Und auch mit der Bejagung
von sogn. Schalenwild leisten die Jäger einen notwendigen Beitrag zur
Wiederaufforstung von durch Stürmen, Trockenheit und Borkenkäferbefall
entstandener Kalamitätsflächen im Wald. Die betroffenen Flächen liegen oft im
Eigentum der Kommunen, die wiederum Hundesteuer von genau diesen Jägern
erheben. Durch Nachsuchen von verletztem Hoch- und Niederwild, vor allem aber
auch von Unfall-Wild im Straßenverkehr, verhindern Jagdhunde immer wieder
Tierleid in erheblichem Maße. Ebenso bei der Vorbeugung von Mähverlusten bei
der sogn. Grünlandernte. Die Haltung von Jagdgebrauchshunden ist also kein
Luxus zur Selbstverwirklichung. Diese Hunde entstammen jagdlichen
Leistungszuchten, erfahren eine qualifizierte und an jagdlichen Aufgaben orientierte
Ausbildung und legen spezielle Prüfungen ab. Alles auf Grundlage gesetzlicher
Verpflichtungen und im Interesse des Allgemeinwohls. Eine ähnliche Funktion für
das Allgemeinwohl erfüllen Hunde für den Schutz und die Hilfe Blinder, Tauber
und sonstiger hilfloser Personen, wie auch geprüfte Melde-, Sanitäts- oder
Schutzhunde. Laut Auskunft des Landesjagdverbandes sind in der Stadt
Aschersleben derzeit 27 Jagdhunde gemeldet. Mithin beträgt der steuerliche
Verlust für die Befreiung dieser Tiere 1.350,00 € im Jahr. Hinzu kommen die
wenigen Hilfs- und Sanitätshunde. Der Maximalbetrag wird daher auf 2.000 € im
Jahr geschätzt. Für die Stadt sollte diese minimale Mindereinnahme verkraftbar
sein. Für die Betroffenen, die meist ehrenamtlich wertvolle Dienste für die
Gemeinschaft leisten, stellte es aber eine spürbare Entlastung dar, die mit der
vorgelegten Satzungsänderung nunmehr gewürdigt werden können.
Quelle: h_ps://jagdpraxis.de/ausruestung/hund/hundesteuer-fuer-jagdhunde