Beschluss: zurückgestellt

Der Stadtrat der Stadt Aschersleben hat mit Beschluss vom 17.05.2017 (Beschluss 346/17) die Aufstellung des sachlichen Teilflächennutzungsplanes regenerative Energien Wind und Solar beschlossen. Mit der Zielstellung der Bundesregierung die Klimaziele der Pariser Klimakonferenz zu erreichen und damit den Anteil an erneuerbaren Energien am Gesamtenergiemix zu erhöhen, besteht das Erfordernis zur Aufstellung dieses sachlichen Teilflächennutzungsplanes regenerative Energien zur Ausweisung für Flächen für Windenergieanlagen sowie die Ausweisung von Flächen für die Energiegewinnung mit Photovoltaikanlagen der Stadt Aschersleben mit seinen Ortsteilen als gesamträumliches Konzept.

Mit dem völkerrechtswidrigen Überfall der Russischen Föderation auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hat sich die Lage auf dem Energiemarkt dramatisch zugespitzt und zu erheblichen Preissteigerungen geführt.

Als Antwort auf diese Entwicklung hat der Bundesrat am 16.12.2022 das Gesetz zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht gebilligt und damit den § 35 Abs.1 Nr. 8 BauGB ergänzt. Die Änderung des BauGB trat am 01.02.2023 in Kraft trat. Damit tritt eine Teil-Privilegierung für Photovoltaikanlagen ein, welche sich in einer Entfernung von bis zu 200 Metern zu Autobahnen und zweigleisigen Schienenwegen des übergeordneten Netzes befinden.

In der Stadt Aschersleben betrifft dies nachfolgende Verkehrstrassen:

Ø  die Autobahn BAB 36

Ø  die Bahnstrecke Aschersleben – Halberstadt

Ø  die Bahnstrecke Aschersleben – Dessau und

Ø  die Bahnstrecke von Güsten nach Sandersleben

Damit sind hier für die Zulässigkeit von Photovoltaik-Freiflächenanlagen weder eine Berücksichtigung im Flächennutzungsplan noch die Erarbeitung eines Bebauungsplanes Voraussetzung.

Gemäß § 35 Abs. 1 BauGB ist im Außenbereich ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist.

Die Stadt Aschersleben ist durch diese Gesetzesergänzung des BauGB auch eigentumsrechtlich unmittelbar betroffen, denn sie ist in dem beschriebenen Korridoren Eigentümerin von zwölf Grundstücken. (s. Anlage 1)

Im Zusammenhang mit der Erarbeitung des ‚Sachlichen Teilflächennutzungsplanes Regenerative Energien – Wind und Solar‘ vertritt die Stadt Aschersleben den Grundsatz, keine landwirtschaftlichen Flächen für Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PVFA) auszuweisen. Denn durch die Lage der Stadt am Südrand der Magdeburger Börde und mit den hier vorhandenen hochwertigen Schwarzerdeböden gehört unsere Region zur Kornkammer Deutschlands.

PVFA sind aufgrund ihrer enormen Flächeninanspruchnahme i.d.R. als raumbedeutsam einzustufen. Ihre Errichtung und Nutzung ist mit erheblichen Eingriffen in das Landschaftsbild und den Naturhaushalt verbunden. Kommunen sind bei ihren planerischen Intensionen übergeordneten Planungen, so dem Landesentwicklungsplan und Regionalen Raumordnungsplänen unterworfen. Aus dem Landesentwicklungsplan 2010 sind demnach folgende Grundsätze zu berücksichtigen:

Ø  Photovoltaik-Freiflächenanlagen sollen vorrangig auf bereits versiegelten oder Konversionsflächen errichtet werden (G 84).

Ø  Die Errichtung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen auf landwirtschaftlich genutzter Fläche sollte weitestgehend vermieden werden (G 85).

Die zwölf betroffenen Grundstücke, die theoretisch zur Errichtung von PVFA dienen könnten, liegen lt. Landesentwicklungsplan in dem Vorbehaltsgebiet für Landwirtschaft „Gebiet um Staßfurt-Köthen-Aschersleben“. Danach sind PVFA zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, jedoch ist der landwirtschaftlichen Bodennutzung bei der Abwägung mit entgegenstehenden Belangen ein erhöhtes Gewicht beizumessen.

Auch wenn die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Nutzflächen für die Errichtung und den Betrieb von PVFA aus ökonomischen Gesichtspunkten attraktiv sein kann, sollen diese Flächen vorrangig der Futter- und Lebensmittelproduktion dienen.

Die zwölf städtischen Grundstücke, die sich im 200-Meter-Korridor der Verkehrstrassen befinden, wurden einer Einzelbetrachtung unterzogen (s. Anlage 2). Es wurden neben der Bodenwertzahl die Nutzung, die spezielle Lagegunst sowie die Aussagen des in Aufstellung befindlichen Regionalplanes der Regionalplanung Magdeburg ausgewertet.

Die Prüfung hat ergeben, dass sich fünf der Flächen in einem Vorranggebiet für Natur und Landschaft befinden (Flächen 2, 3, 5, 6 und 7). Weitere drei Flächen liegen in einem Vorranggebiet für Landwirtschaft (Flächen 4, 10 und 12) Die Fläche 11 ist in der städtischen Planung als Erweiterungsfläche in Richtung Osten für das Industriegebiet „Zornitzer Weg“ reserviert. Die Fläche 8 ist Bestandteil der Mülldeponie Wilslebener Straße und wäre somit potentiell geeignet, allerdings ist die Fläche als Nordhang für PVFA ungeeignet. Die Fläche 9 an der Winninger Siedlung ist ein Nachbargrundstück der Flur 28 FS 65. Hier hat der Stadtrat am 12.04.2023 einen ablehnenden Beschluss zur PVA-Nutzung gefasst unter Hinweis auf die hochwertigen Ackerböden. Demzufolge ist es moralisch nicht vertretbar, eine Nachbarfläche privilegiert zu betrachten.

Unabhängig von der angesichts raumordnerischer Vorgaben im Einzzwölfall zu prüfenden planungsrechtlichen Zulässigkeit sollten die eigentumsrechtlichen Möglichkeiten genutzt werden, diese Flächen weiterhin entsprechend ihrer gegenwärtigen bzw. planerisch beabsichtigten Zweckbestimmung zu nutzen. Diese Flächen sollten demnach für Photovoltaik-Freiflächenanlagen nicht zur Verfügung gestellt werden.

Einzig die Fläche 1 in der Flur 11 an der Schmidtmannstraße kann bedingt für die Errichtung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen genutzt werden. Diese Fläche befindet sich im Vorbehaltsgebiet (2) für Landwirtschaft, hat aber aufgrund der Hanglage und der windexponierten Lage geringere Bodenwertzahlen. Als besondere Lagegunst ist die geringe Entfernung zum Umspannwerk Ost (800 m) herauszustellen.


Beschlussvorschlag:

Der Stadtrat beschließt:

  1. Die städtischen Flächen 2 bis 12 gemäß der Bewertungstabelle in Anlage 2 sollen für Photovoltaik-Freiflächenanlagen nicht zur Verfügung gestellt werden.
  2. Die Fläche 1 gemäß der Bewertungstabelle in Anlage 2 in einer Größenordnung von 6,1 ha soll der Stadtwerke Aschersleben GmbH zur Eigenproduktion von „grünem Strom“, soweit rechtlich zulässig, zur Verfügung gestellt werden.