Sitzung: 10.05.2023 Stadtentwicklungs- und Wirtschaftsausschuss
Beschluss: zurückgestellt
Vorlage: VII/0567/23
Der Stadtrat der Stadt Aschersleben
hat mit Beschluss vom 17.05.2017 (Beschluss
346/17) die Aufstellung des sachlichen Teilflächennutzungsplanes regenerative Energien
Wind und Solar beschlossen. Mit der Zielstellung der Bundesregierung die
Klimaziele der Pariser Klimakonferenz zu erreichen und damit den Anteil an
erneuerbaren Energien am Gesamtenergiemix zu erhöhen, besteht das Erfordernis
zur Aufstellung dieses sachlichen Teilflächennutzungsplanes regenerative
Energien zur Ausweisung für Flächen für Windenergieanlagen sowie die Ausweisung
von Flächen für die Energiegewinnung mit Photovoltaikanlagen der Stadt
Aschersleben mit seinen Ortsteilen als gesamträumliches Konzept.
Mit
dem völkerrechtswidrigen Überfall der Russischen Föderation auf die Ukraine am
24. Februar 2022 hat sich die Lage auf dem Energiemarkt dramatisch zugespitzt
und zu erheblichen Preissteigerungen geführt.
Als
Antwort auf diese Entwicklung hat der Bundesrat am 16.12.2022 das Gesetz zur
sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im
Städtebaurecht gebilligt und damit den § 35 Abs.1 Nr. 8 BauGB ergänzt. Die
Änderung des BauGB trat am 01.02.2023 in Kraft trat. Damit tritt eine
Teil-Privilegierung für Photovoltaikanlagen ein, welche sich in einer Entfernung
von bis zu 200 Metern zu Autobahnen und zweigleisigen Schienenwegen des
übergeordneten Netzes befinden.
In
der Stadt Aschersleben betrifft dies nachfolgende Verkehrstrassen:
Ø
die
Autobahn BAB 36
Ø
die
Bahnstrecke Aschersleben – Halberstadt
Ø
die
Bahnstrecke Aschersleben – Dessau und
Ø
die
Bahnstrecke von Güsten nach Sandersleben
Damit
sind hier für die Zulässigkeit von Photovoltaik-Freiflächenanlagen weder eine
Berücksichtigung im Flächennutzungsplan noch die Erarbeitung eines
Bebauungsplanes Voraussetzung.
Gemäß
§ 35 Abs. 1 BauGB ist im Außenbereich ein Vorhaben nur
zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die ausreichende
Erschließung gesichert ist.
Die
Stadt Aschersleben ist durch diese Gesetzesergänzung des BauGB auch
eigentumsrechtlich unmittelbar betroffen, denn sie ist in dem beschriebenen
Korridoren Eigentümerin von zwölf Grundstücken. (s. Anlage 1)
Im
Zusammenhang mit der Erarbeitung des ‚Sachlichen Teilflächennutzungsplanes
Regenerative Energien – Wind und Solar‘ vertritt die Stadt
Aschersleben den Grundsatz, keine landwirtschaftlichen Flächen für
Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PVFA) auszuweisen. Denn durch die Lage der
Stadt am Südrand der Magdeburger Börde und mit den hier vorhandenen
hochwertigen Schwarzerdeböden gehört unsere Region zur Kornkammer Deutschlands.
PVFA
sind aufgrund ihrer enormen Flächeninanspruchnahme i.d.R. als raumbedeutsam
einzustufen. Ihre Errichtung und Nutzung ist mit erheblichen Eingriffen in das
Landschaftsbild und den Naturhaushalt verbunden. Kommunen sind bei ihren
planerischen Intensionen übergeordneten Planungen, so dem
Landesentwicklungsplan und Regionalen Raumordnungsplänen unterworfen. Aus dem
Landesentwicklungsplan 2010 sind demnach folgende Grundsätze zu
berücksichtigen:
Ø
Photovoltaik-Freiflächenanlagen
sollen vorrangig auf bereits versiegelten oder Konversionsflächen errichtet
werden (G 84).
Ø
Die
Errichtung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen auf landwirtschaftlich genutzter
Fläche sollte weitestgehend vermieden werden (G 85).
Die
zwölf betroffenen Grundstücke, die theoretisch zur Errichtung von PVFA dienen
könnten, liegen lt. Landesentwicklungsplan in dem Vorbehaltsgebiet für Landwirtschaft
„Gebiet um Staßfurt-Köthen-Aschersleben“. Danach sind PVFA zwar nicht grundsätzlich
ausgeschlossen, jedoch ist der landwirtschaftlichen Bodennutzung bei der
Abwägung mit entgegenstehenden Belangen ein erhöhtes Gewicht beizumessen.
Auch
wenn die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Nutzflächen für die Errichtung
und den Betrieb von PVFA aus ökonomischen Gesichtspunkten attraktiv sein kann, sollen
diese Flächen vorrangig der Futter- und Lebensmittelproduktion dienen.
Die
zwölf städtischen Grundstücke, die sich im 200-Meter-Korridor der
Verkehrstrassen befinden, wurden einer Einzelbetrachtung unterzogen (s. Anlage
2). Es wurden neben der Bodenwertzahl die Nutzung, die spezielle Lagegunst
sowie die Aussagen des in Aufstellung befindlichen Regionalplanes der
Regionalplanung Magdeburg ausgewertet.
Die
Prüfung hat ergeben, dass sich fünf der Flächen in einem Vorranggebiet für
Natur und Landschaft befinden (Flächen 2, 3, 5, 6 und 7). Weitere drei Flächen
liegen in einem Vorranggebiet für Landwirtschaft (Flächen 4, 10 und 12) Die
Fläche 11 ist in der städtischen Planung als Erweiterungsfläche in Richtung Osten
für das Industriegebiet „Zornitzer Weg“ reserviert. Die Fläche 8 ist
Bestandteil der Mülldeponie Wilslebener Straße und wäre somit potentiell
geeignet, allerdings ist die Fläche als Nordhang für PVFA ungeeignet. Die
Fläche 9 an der Winninger Siedlung ist ein Nachbargrundstück der Flur 28 FS 65.
Hier hat der Stadtrat am 12.04.2023 einen ablehnenden Beschluss zur PVA-Nutzung
gefasst unter Hinweis auf die hochwertigen Ackerböden. Demzufolge ist es
moralisch nicht vertretbar, eine Nachbarfläche privilegiert zu betrachten.
Unabhängig
von der angesichts raumordnerischer Vorgaben im Einzzwölfall zu prüfenden
planungsrechtlichen Zulässigkeit sollten die eigentumsrechtlichen Möglichkeiten
genutzt werden, diese Flächen weiterhin entsprechend ihrer gegenwärtigen bzw.
planerisch beabsichtigten Zweckbestimmung zu nutzen. Diese Flächen sollten
demnach für Photovoltaik-Freiflächenanlagen nicht zur Verfügung gestellt
werden.
Einzig
die Fläche 1 in der Flur 11 an der Schmidtmannstraße kann bedingt für die
Errichtung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen genutzt werden. Diese Fläche
befindet sich im Vorbehaltsgebiet (2) für Landwirtschaft, hat aber aufgrund der
Hanglage und der windexponierten Lage geringere Bodenwertzahlen. Als besondere
Lagegunst ist die geringe Entfernung zum Umspannwerk Ost (800 m)
herauszustellen.
Beschlussvorschlag:
Der Stadtrat beschließt:
- Die städtischen
Flächen 2 bis 12 gemäß der Bewertungstabelle in Anlage 2 sollen für
Photovoltaik-Freiflächenanlagen nicht zur Verfügung gestellt werden.
- Die
Fläche 1 gemäß der Bewertungstabelle in Anlage 2 in einer Größenordnung
von 6,1 ha soll der Stadtwerke Aschersleben GmbH zur Eigenproduktion von
„grünem Strom“, soweit rechtlich zulässig, zur Verfügung gestellt werden.